Kerstin Beckert | Ich bin solo-selbständig! Mein Beitrag zur Webparade 2024

Ich bin solo-selbständig! Mein Beitrag zur Webparade 2024

Lesedauer 6 Minuten
     

    Solo-selbständigkeit – Was bedeutet das für mich?

    KI-generiertes Bild: Eine orangefarbene Bleistiftzeichnung einer Rotobereule, die am PC-Tisch steht. Rechts steht der Rubrik-Text: in Grün "Freelancer-Büro", in Orange "Solo-Selbständig: Vielfalt, Freiheit, zweite Klasse?". KITS Stufe 5 (80 Prozent KI inside).

    Laut Sascha Theobald sind Solo-Selbständige eine exotische Spezies. Als Biologin finde ich dieses Bild recht gut. Im unternehmerischen Ökosystem sind wir jedoch kaum mit Elefanten oder bunten Papageien zu vergleichen. Solo-Unternehmen fallen selten durch ihre Größe oder Lautstärke in Form von „knalligem Marketing“ auf. Auch betreiben wir keine Arbeitsteilung wie ein Löwenrudel, oder treten in Massen auf wie Rotkrabben bei ihrer Wanderung auf der Weihnachtsinsel.

    Exoten im Ökosystem

    Wir sind nur deshalb exotisch, weil viele unsere Situation nicht verstehen, unsere Herausforderungen nicht kennen. Ein guter Grund, um unsere Perspektive ein bisschen mehr ins Rampenlicht zu rücken – und um bei Saschas Webparade #WirSindSolo teilzunehmen. Ein herzliches Dankeschön dafür.

    Im Amtsdeutsch gelten Solos als Selbständige ohne Beschäftigte. Übersetzt: Wir machen nicht nur unseren Job, sondern sind nebenher oft noch ExpertInnen für berufsfremde Angelegenheiten wie Buchhaltung, Marketing oder Webseiten-Pflege.

    Im Ökosystem Wirtschaft könnte man uns daher eher mit Wildbienen vergleichen: Individuell, vielseitig, solitär.

    Großaufnahme einer gelben Ringelblume, in deren Mitte eine kleine, unscheinbare, schwarze Wildbiene.

    Solo, aber nicht allein

    Auch wenn wir im Job größtenteils auf uns alleine gestellt sind: Als EinzelkämpferInnen würde ich Solos trotzdem nicht bezeichnen. Ohne ein gutes Netzwerk werden nur wenige Alleinunternehmen bestehen. Gute KollegInnen helfen durch so manche Krise. Und viele Augen erspähen wichtige Veränderungen besser als zwei. Egal, ob es um Informationen zur eRechnung oder die Impressumspflicht geht, um die Datenschutzgrundverordnung, ganz bodenständige Tipps zur Pflege der eigenen Webseite, neue Branchenentwicklungen – oder einfach nur darum, bei Problemen zuzuhören und sich gegenseitig zu unterstützen.

    Auf der linken Seite ein großes, orange-gelbes vierblättriges Kleeblatt, daneben steht rechts: Kolleginnen und Netzwerke.

    Ein Netzwerk von KollegInnen aus der gleichen (oder natürlich auch aus anderen Branchen) ist der vierblättrige Glücksklee auf der einzelunternehmerischen Blumenwiese.

    Wo sind Solos allgemein zu finden?

    Wie alle Selbständigen können sie freiberuflich oder gewerblich arbeiten, haben kleine Ladengeschäfte in der Innenstadt, sind PsychologInnen, produzieren als Ein-Mann/Frau-Betrieb ein Nischen-Bier, tanzen, erschaffen Denkmäler, machen Musik oder Kabarett.

    Solos fliegen kleine Chartermaschinen, sind HeilpraktikerInnen, MarketingexpertInnen, reinigen Büros, lehren Yoga, arbeiten als DozentInnen und Coaches, ErzieherInnen, VersicherungsmaklerInnen, schneiden Haare, versorgen Senioren, bringen Babys auf die Welt.

    Andere beraten Unternehmen, managen Projekte, übersetzen zauberhafte Kinderbücher aus dem Englischen, reparieren antike Möbel, vermitteln historische Fakten in Stadtführungen, programmieren Videospiele und gestalten Webseiten (Quelle: Brenke und Beznoska: Forschungsbericht 465, Solo-Selbständige in Deutschland – Strukturen und Erwerbsverläufe, Mai 2016).

    Oder sie schreiben journalistische Artikel, wie ich.

    Was macht mich aus?

    Dass ich seit meiner Schulzeit die Welt der Naturwissenschaften mag. Nun ja, nicht unbedingt die Eisenbahnspielereien unseres Physik-Lehrers. Mir hatte es vor allem die Welt der Biologie angetan.

    Seit 2003 arbeite ich als freiberufliche Wissenschaftsjournalistin und war damit im Jahr 2023 eine von rund 629.000 AlleinunternehmerInnen mit Hauptwohnsitz in Deutschland (Quelle: Mikrozensus, Statistisches Bundesamt (Destatis), 2024, Stand: 02.07.2024). Ein Jahr zuvor waren insgesamt „3,8 Prozent aller Erwerbstätigen zwischen 15 und 64 Jahren Selbständige ohne weitere Mitarbeiter“.

    Das Tollste an meinen Job

    Er begeistert mich noch heute. Schließlich erlaubt er mir, über neue Entwicklungen zu berichten, in fremde Forschungswelten einzutauchen und spannendes Wissen zu vermitteln. Perfekt für eine neugierige Erklärbärin, wie mich.

    Früher qualifizierte ein Abschluss als Diplom-Biologin höchstens zum Taxifahren. Doch aktuell erlebt dieses Fach eine Renaissance. In Zeiten des Klimawandels wird das Wissen um die Zusammenhänge in der Natur und die Auswirkungen auf uns Menschen wieder wichtiger. Es ist spannend, als Wissenschaftsjournalistin über diese Entwicklungen zu berichten.

    Ein großes, grünes Unendlichkeitssymbol, wie eine umgekippte Acht. Darum sind jene Bereiche platziert, in denen Nachhaltigkeit eine Rolle spielt: Klimawandel, Artenschutz, Biodiversität, Landwirtschaft, Medizin, Politik, Gesellschaft usw.

    Theoretisch könnte ich aus Griechenland oder auf einem Boot arbeiten. Das ist zumindest als Gedankenspiel durchaus fein. Außerdem weiß ich es zu schätzen, meinen fachlichen Schwerpunkt und meine Arbeitszeit in einem gewissen Rahmen selbst zu bestimmen. Menschliche Eulen wissen, wovon ich spreche. Die Stechuhr und lange Redaktionssitzungen vermisse ich nicht.

    Absolute Freiheit

    Ist bei Solos eher eine Illusion. Natürlich haben auch wir Rahmenbedingungen, die unseren beruflichen Alltag bestimmen. Ob es Kunden, Termine, To-Do-Listen oder technische Hürden sind.

    Den Notebook-Akku unter Palmen leer ackern, mit dem Telefon das Smart-Home organisieren und nebenbei noch ein Kundengespräch via Zoom? Würde sich mancher vielleicht wünschen, ist organisatorisch aber selten machbar. Und so wird es (überall auf der Welt) oft doch eher eine Form vom Homeoffice sein. Vielleicht mit einem kühlen Fußbad unter dem Schreibtisch an heißen Tagen, in einem Café um die Ecke, einer Schiffskajüte, im Hotelzimmer oder auf einer malerischen Terrasse in irgendeinem Urlaubsland.

    Terassenaussicht. Durch eine Glastüre sieht man zwei schwarze Gartenstühle und im Hintergrund das Meer.

    Was gehört zu den größten Herausforderungen?

    Natürlich hat die Solo-Selbständigkeit auch Schattenseiten. Und damit ist nicht das Homeoffice an dunklen Wintertagen gemeint. Aktuelle Entwicklungen wie die KI-Disruption, Corona, hohe Energiekosten und Inflation machen der Branche zu schaffen. Wenn das Unternehmen von einer Person alleine gestemmt wird, ist das finanzielle Risiko sogar noch größer als bei Selbständigen mit mehreren Beschäftigten. Trotzdem werden Solos manchmal als Unternehmen „zweiter Klasse“ gesehen, auch weil wir kein physisches Produkt verkaufen und keine Mitarbeiter haben.

    Das zeigt sich bei Honorarverhandlungen. So stellte ein Redakteur vor Jahren bei einer Kollegin entrüstet fest: „Man könnte meinen, Sie machen das nur fürs Geld!“. Ich selbst muss bei aller Begeisterung für meinen Beruf mittlerweile sagen: Jupp! Denn auch ich bin Unternehmerin. In diesem Punkt hilft mir meine erste Ausbildung als Diplom-Betriebswirtin (BA), die mir mittlerweile einen ehrlicheren Blick auf die Honorar- oder Preiskalkulation erlaubt.

    Wünsche an die Politik?

    Auf jeden Fall klare Regelungen bei Themen wie Altersvorsorge, Arbeitslosenversicherung und Scheinselbständigkeit. Hier gibt es eindeutig große Hürden für Solo-Selbständige.

    Etwa die freiwillige Arbeitslosenversicherung: Ist aktuell nur dann möglich, wenn man diese spätestens drei Monate nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit abschließt und beispielsweise in den 30 Monaten zuvor 12 Monate versicherungspflichtig war.

    Die Gefahr der Scheinselbständigkeit ist ebenfalls nicht zu unterschätzen, das Prüfverfahren der Rentenversicherung sehr aufwendig und nur nach einer aufwendigen Einarbeitung gut nachzuvollziehen. Schwierig wird es etwa bei Projektarbeiten, die über einen längeren Zeitraum die volle Arbeitszeit erfordern würden. Oft steht dann die Frage „Selbständig mit einem Auftraggeber“ oder „Scheinselbständig“ im Raum.

    Auch das Wettbewerbsrecht ist ausbaufähig. Stichwort: Mindesthonorar.

    In einigen Jahren steht zudem noch die eRechnung vor der unternehmerischen Türe. Das Dickicht wäre gerade für Solos wohl leichter zu durchschauen, wenn es ein Standard-Label für hybride Programme gäbe, die einfach strukturiert und nicht so teuer sind – und die es ermöglichen, eine PDF zu erstellen und die eigene Corporate Identity zu verwenden.

    Und zuletzt wäre es wünschenswert, die Kennzeichnungspflicht für Webseiten von Solos zu überarbeiten oder Alternativen zu einer ladungsfähigen Anschrift anzubieten. Privat sollte auch bei Solos ohne großen Aufwand privat bleiben können.

    Selbst/Ständig, aber mit Bedacht

    Etwa 23 Prozent der Solo-UnternehmerInnen geben an, durchschnittlich „mehr als 48 Wochenstunden“ zu arbeiten (Quelle: Destatis, „Überlange Arbeitszeiten in der EU“). JournalistInnen sind da sicher keine Ausnahme. Viele Freie arbeiten dem eigenen Bekunden nach häufig auch am Wochenende. Entweder werden niedrige Honorare durch schiere Masse wettgemacht. Vielleicht verlangt es die Auftragslage gerade. Oder die Abgabefrist für einen Beitrag ist aus Aktualitätsgründen sehr knapp.

    Doch selbst und ständig kann langfristig einfach nicht die Lösung sein. Aus diesem Grund plane ich Aus(fall)zeiten mit ein. Denn Solos können (wie ArbeitnehmerInnen auch) krank werden, möchten vielleicht am Maifeiertag frei haben oder im Urlaub etwas anderes sehen, als die eigene Tapete am anderen Ende des Schreibtischs.

    Ein grünes Dreieck bildet die Basis einer Waage. Diese wägt ab zwischen Erholung und Beruf.

    Fazit: Ohne ein angemessenes Honorar wird es schwierig, mehrere Jahre am Markt zu bestehen. Begeisterung und Engagement im Job zahlen leider keine Miete.

    Wenn man aber als Solo (Journalistin) vom selbst erwirtschafteten Geld vernünftig leben kann. Dann ist es wohl der beste Job der Welt.

     

     

    Info: Alle im Text genannten Webseiten wurden am 02. Juli 2024 abgerufen.

     

    KI-Transparenz-Skala (KI.TS):

    Der Text sowie die Bilder und Grafiken wurden bewusst ohne KI erstellt oder geschnitten.
    Das Artikel- oder Beitragsbild („Büro-Eule“) wurde wiederverwendet, quasi aus Gründen der Nachhaltigkeit. Es wurde mit Hilfe eines KI-Bildgenerators generiert, farblich bearbeitet und ein Text eingefügt.

    KIT-Score zeigt, wie viel KI verwendet wurde. Bild mit zwei Kreisen. Der obere stellt "Stufe 1 mit 100 Prozent Human inside" dar. Denn Text, Bilder und die Powerpoint-Grafiken wurden ohne KI erstellt. Ausnahmen: Das Beitragsbild am Anfang wurde von einer KI ausgegeben und geringfügig bearbeitet. Daher steht der untere Kreis für "Stufe 6 mit 100 Prozent KI inside". Die Prompts stammen von Kerstin Beckert, diese wurden in StableDiffusion eingegeben.

     

     

    Letztes Update: 23.07.2024

     
     

     

     

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